"South America - everything is possible, nothing is secure." - Backpacker Weisheit
Die Reise nach Lima begann am Busterminal in Loja um 7:00 am Donnerstag morgen. Von dort sollte es mit einem Bus von Transportes Loja in acht Stunden nach Peru gehen, in die noerdliche Grossstadt Piura. Im Bus war ich ueberrascht, zwei Leute aus meiner Sprachschule in Quito sowie ein argentinisches Paerchen, das ich im Hostal in Cuenca kennengelernt hatte, wiederzutreffen. Fuenf Studen lang folgten wir einer kurvigen Strasse durch die Auslaeufer der Vulkanstrasse Richtung Peru. Je weiter wir nach Sueden kamen, desto karger wurde die Landschaft. Die saftig gruenen, von Feldern ueberzogenen Berghaenge Ecuadors wichen einer Huegellandschaft, durchzogen von verdorrten Steppentaelern und bevoelkert von einsamen Eseln.
Nach fuenf Stunden erreichten wir die peruanische Grenze. Die Grenzformalitaeten waren einfach, der scherzende Grenzbeamte sprach sogar Deutsch und gab mir bereitwillig eine Aufenthaltsgenehmigung fuer 90 Tage - fuer einen laengeren Zeitraum als diesen braucht man ein Visum. Dann, zehn Minuten hinter der Grenze (ich war gerade dabei mir aus dem aktuellen Lonely Planet einer Amerikanerin ein billiges Hostal in Piura rauszusuchen), blieb der Bus ploetzlich stehen. Motorschaden. Wir befanden uns mitterweile jenseits der Huegel in einer wuestenartigen Landschaft, in der es nicht viel gab ausser unserer Strasse. Nach kurzer Zeit war klar, dass der Bus nicht weiter fahren wuerde. Die zehn verbleibenden Fahrgaeste (der Grossteil war vor der peruanischen Grenze ausgestiegen) fingen an, aufgeregt mit dem Busfahrer und dem Fahrkartenkontrolleur zu streiten, wobei sich insbesondere eine Argenentinierin hervortat, die stritt, wie es wohl nur aufgebrachte Argentinierinnen tun koennen. Da kein weiterer Bus kommen wuerde, um uns mitzunehmen, war nach zehn Minuten ausgehandelt, dass wir vier der zehn Dollar des Fahrpreises wiederbekommen, dann aber sehen muessen, wie wir nach Piura kommen. Ehe dieser Deal in die Tat umgesetzt werden konnte, hielt ein rotes Auto mit einem jungen Mann am Steuer und einer aelteren, uebergewichtigen Frau auf dem Beifahrersitz. Diese boten freundlich an, einige von uns mitzunehmen. So wurde der Plan geaendert: die Busgesellschaft gab kurzerhand den beiden 20$ und fuenf von uns (das chilenische Paerchen, ein Paerchen aus Hong Kong und ich) quetschten sich auf die Rueckbank, unsere Rucksaecke wurden aufs Dach geschnallt und los ging die Fahrt.
Wie uns etwas spaet auffiel, war der Kofferraum voll mit Kisten, die jede Menge Packungen voller ecuadorianischer Kekse enthielten. Voerst machten wir uns keine grossen Gedanken darueber und waren gluecklich, doch noch nach Piura zu kommen. So schossen wir ueber die Wuestenstrasse, waehrend der Auspuff des etwas ans Batmobil erinnernden, auf Hochtouren roehrenden PKWs bestaendig knallte und wir das ein oder andere Mal dachten, gleich waere es auch um diesen Motor geschehen. Nachdem die Argentinier aber ein bisschen dem Gespraech unserer Mitfahrgelegenheit gelauscht hatten, aenderte sich unser Gemuetszustand etwas. Aus diesem ging naemlich hervor, dass die beiden ihre Keks-Fracht (und was auch immer sich sonst noch in den Kisten versteckt hielt) ueber die Grenze geschmuggelt hatten und jetzt vorhatten, jeglicher Polizeikontrolle aus dem Weg zu gehen.
Dies stellte sich als schwieriges Unterfangen heraus, denn keine fuenf Minuten spaeter wurden wir von der ersten Polizeikontrolle angehalten. Doch es reichte ein kurzes Zuwinken und Zunicken unseres Fahres und vorbei waren wir - offenbar kennt man sich unter Schmugglern und Grenzpolizisten. Bei der naechsten Polizeikontrolle reichte der Gruss offenbar nicht: wir mussten aussteigen, Paesse zeigen. Dann jedoch verschwindet die uebergewichtige Beifahrerin mit einem Polizisten hinter dem Polizeiauto, ein paar Geldscheine werden per Handschlag ueberreicht und weiter geht die Fahrt. Nachdem sich dieses Spielchen noch einmal wiederholt hatte, bog unser Auto ploetzlich von der Hauptstrasse auf eine sandige Nebenpiste ab.
Unser Fahrer versicherte uns, dass es jetzt drei oder vier Kilometer auf eine andere Hauptstrasse gehen wuerde. Als wir nach 30 Minuten noch immer auf der Schotter- und Sandpiste entlang eines verlassenen Kanals entlangrasten, begannen wir uns ein bisschen Sorgen zu machen. Irgendwann hielt das Auto vor einem Haus. Motor ueberhitzt. Doch nach kurzer Zeit ging es weiter, ohne dass irgendjemand ausser ein paar Kindern von uns Kenntnis genommen hatte.
Schliesslich erreichten wir eine asphaltierte Strasse und in der Ferne erschienen die Randbezirke von Piura. Wir waren erleichtert - ein Teil von uns hatte mittlerweile schon damit gerechnet, in einem abgelegenen Wuestendorf ueberfallen und ausgesetzt zu werden. Unser Fahrer konnte uns jedoch nicht am Busterminal Piuras rauslassen, weil da Leute seien, die ihn nicht sehen duerften. Auch betonte er die ganze Zeit gegenueber seiner Mitfahrerin, dass ueberall Polizei sei und er am besten ueberhaupt nicht in die Stadt reinfahren sollte. Auf unser Draengen hin wurden wir aber doch an einem Markt abgesetzt, vornehmliche Abladestelle der Kekse. Wir waren uns mittlerweile nicht mehr so ganz sicher, ob es hier nur um Kekse ging. Aber wir waren froh, heil in Piura angekommen zu sein und riefen uns schnellstmoeglich ein Taxi zum Terminal.
Ich hatte mich mittlerweile entschieden, zusammen mit dem argentinischen Paerchen noch am selben Tag nach Lima weiterzureisen. Drei Stunden spaeter, gegen 19:30, verliess der Reisebus von "Cruz del Sur" Piura. Mit halb umklappbaren Polstersitzen, einer Bus-Stewardess und zwei Bordmalzeiten verlief die 17-stuendige Fahrt nach Lima ueberraschend luxurioes. Ich konnte sogar etwa acht Stunden schlafen. Gegen 12:30 am Freitag erreichten wir das in Nebelschwaden gehuellte Lima. Jenseits der Duenen der Sandwueste sah ich zum ersten Mal den Pazifik. Die Landschaft haette kaum anders sein koennen als im bergig-dschungligen Ost-Teil Ecuadors. Wenig spaeter habe ich ein Hostal im Zentrum von Lima gefunden und schlenderte ueber den Plaza Mayor. Es fuehlte sich ein bisschen irreal an, hier zu sein, so weit weg von Ecuador. In der Nacht schlief ich wie ein Baby, trotz der bis tief in die Nacht schwaetzenden Japaner in meinem Schlafsaal.
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