Dienstag, 24. August 2010
Einmal Mond und zurueck
Samstag, 21. August 2010
La Paz - Die Stadt am Abhang
Die extremen Hoehenunterschiede in der Stadt spiegeln laengst den sozialen Status der Bewohner wieder: Je hoeher ein Haus gelegen ist, desto aermer sind die Leute, die dort leben. Der 4000 Meter hoch gelegene Rand des Canyons ist in den letzten Jahrzehnten zur Stadt El Alto herangewachsen, die einen steten Zustrom an Landbewohnern zu verzeichen hat, die ihr Glueck in der Stadt versuchen wollen. Da die Landbevoelkerung Boliviens zum groessten Teil indigen gepraegt ist, sind die oberen Stadtgebiete hauptsaechlich von dunkelhaeutigen Indiaener bevoelkert, die ohne Heizung in bitterer Kaelte und Armut leben.
Nicht nur der Wohlstand der Bewohner aendert sich, je tiefer man der Stadt in den Canyon folgt. Auch sind die Menschen zunehmend westlich gekleidet und haben als direkte Nachkommen der spanischen Kolonisten eine europaeische Hautfarbe. Fast an der Sohle des Canyons kommt man dann in eine irreale Kontrastwelt, die so gar nicht nach Suedamerika passen will. Spielplaetze mit froehlich schreienden Kindern grenzen an Vergnuegungsparks, und perfekt asphaltierte, vierspurige Highways verbinden modernste Stadtteile mit bunten Luxusvillen. Die Landschaft und das ploetzlich milde Klima lassen einen glauben, man sei in Kalifornien gelandet. Man findet keine Antwort auf die Frage, wie diese Welt zur staubtrockenen und elenden Massenexistenz achthundert Meter den Berg hinauf passen soll.
Trotz dieser Gegensaetze erlebten die K. und ich La Paz als die freundlichste suedamerikanische Grossstadt, in die wir bislang Fuss gesetzt haben. Wir fanden grosses Gefallen an der entspannten Art, mit der die Menschen einen hier Mensch sein lassen - kein staendiges Umwerben unsererseits von Restaurantbesitzern, Strassenverkaeufern oder Taxifahrern, wie das noch in Peru Gang und Gaebe war. Stattdessen begegnet man uns freundlich und verstaendnisvoll. Sogar das Spanisch laesst sich verstehen, zumal die Menschen langsamer sprechen und nicht so nuscheln wie die Peruaner.
Ganz im Sinne der Hoehenaspekts haben wir heute eine Tour auf den 5500 Meter hohen Chacaltaya gemacht. Fuer die duenne Luft (die uns dank unserer Akklimatisierung auf 4000 Meter ueberraschend wenig zu schaffen machte) entschaedigten uns beeindruckende Blicke auf den benachbarten Huayna Potosi (6088 m). Am Hang des Chacaltaya befand sich einst ein Skigebiet, doch der Klimawandel hat den Gletscher auf bedenkliche Ausmasse schrumpfen lassen, sodass jetzt nur noch Wanderer die Aussicht geniessen. Beeindruckt haben uns auch Fossilien, die man im Schiefergestein des Gipfels finden konnte - Zeugen davon, dass die Anden einst unter dem Ozean lagen und erst von den Kraeften der Tektonik in solch schwindelerregende Hoehen gebracht wurden.
Morgen wollen wir die selbe Hoehendistanz in der anderen Richtung zuruecklegen und uns in die Yungas begeben. Noerdlich von La Paz faellt die Hochebene innerhalb weniger Kilometer ins Amazonasbecken ab. Die Strasse dort hinunter ist weltbekannt und trug einst den Spitznamen "Deathroad Bolivia", wurde jetzt aber durch eine etwas sicherere ersetzt. Dennoch kann man hier auf einer Busfahrt alle Klimazonen erleben. Unsere laengst an Herbsttemperaturen gewoehnten Koerper werden angesichts der tropischen Temperaturen wohl frohlocken - nur das Mueckenspray duerfen wir nicht vergessen.
Dienstag, 17. August 2010
Die Insel der Sonne
Samstag, 14. August 2010
Auf den Spuren der Inkas
Mittwoch, 11. August 2010
Cusco - die assimilierte Stadt
Dann kamen die Spanier. Um 1520 schwappte eine von den ersten Europaeern eingeschleppte Pockenepidemie von Mittelamerika ins Inkareich ueber, an der viele der dem Krankheitserreger schutzlos ausgelieferten Inkas zu Grunde gingen. So auch der beruehmte Inka-Koenig Huayna Capac. Er hinterliess einen legitimen Sohn in Cusco (Huascar), bevorzugte wohl aber seinen von einer Kokubine in Quito geborenen Sohn Atahualpa. Die Folge war ein bitterer Buergerkrieg, der das Inkareich spaltete.
Die 180 Spanier, die 1532 im heutigen Peru landeten, fanden ein geschwaechtes und zermuerbtes Land vor. Inspiriert von der hinterhaeltigen Gefangennahme des Aztekenherrschers Montezuma durch Hernan Cortes wenige Jahre zuvor, gelang es den Spaniern, den aus dem Buergerkrieg siegreich hervorgegangenen Atahualpa in einen Hinterhalt zu locken und als Geisel zu nehmen. Anschliessend marschierten die Konquisatoren nach Cusco und setzten den Marionetten-Herscher Manco Capac ein. Atahualpa wurde bereits vorher von den spanischen Reitern hingerichtet - allerdings erst nachdem sie einen kompletten Raum voller Gold und zwei Raeume voller Silber als Loesegeld fuer das Inka-Oberhaupt eingestrichen hatten.
Der Widerstand der Inkas sollte noch weitergehen, dieser Streich war aber ohne Frage der Anfang vom Ende. Insgesamt machten die Konquisatoren dank ihrer Feuerwaffen, ihren Schlachtroessern (Pferde waren in Suedamerika zu diesem Zeitpunkt komplett unbekannt) und ihren Kampfhunden mit zahlenmaessig weit ueberlegenen Inkaheeren kurzen Prozess.
Die Kathedrale San Cristobal, die auf den Fundamenten des Sonnentempels (dunkle Mauer rechts unten) erbaut wurde
In den folgenden vier Jahrhunderten wurde Cusco zur abgelegenen Andenstadt mit huebschen Mauerresten aus der Inkazeit und imposanten katholischen Kathedralen. Ende des 19. Jahrhunderts wurden dann immer mehr der teils vergessenen Inkafestungen in abgelegenen Bergtaelern rund um Cusco entdeckt, darunter auch das 75 km entfernte Machu Picchu. 1983 wurde diese groesstenteils erhaltene Inkastadt zum UNESCO-Weltkulturerbe erklaert.
Dann kamen die Touristen. Der Strom Schaulustiger nahm in den 90er Jahren bestaendig zu. Heute besuchen jedes Jahr hunderttausende Auslaender Cusco und Machu Picchu. Sie veraenderten das Stadtbild von Cusco vermutlich in aehnlichem Masse, wie es einst die Spanier taten. Die negativen Folgen dieser erneuten Assimilierung habe ich mir ja bereits an anderer Stelle von der Seele geschrieben.
Cusco bei Nacht, man beachte den Waldbrand am Horizont
Das Erstaunliche an Cusco ist derweil, dass es trotz diesem offensichtlichen Mangel an Authenzitaet irgendwie zu gefallen weiss. Vielleicht deswegen, weil man hier den Uebergang einer Kultur in eine andere (so verurteilenswert er auch sein mag) auf Anschaulichste nachvollziehen kann. Die Stadt ist ein Inkaheiligtum, das von den Tentakeln des Katholizismus ueberwachsen wurde. Dieser ungleiche Hybrid wurde schliesslich in dem Bestreben, Scharen von Touristen zu bespassen, in hoechstem Masse verwestlicht und kommerzialisiert.
Heute zeugen nur noch die ueberal sichtbaren Mauerreste aus Inkazeiten, auf die koloniale Gebaeude oder Kirchen gebaut wurden, von dem Cusco vergangener Jahrhunderte. Bestimmt wird das Stadtbild laengst von Hostal- und Restaurant-Fassaden, zwischen denen hellhaeutige Touristen mit Lama-Strickmuetzen und Sonnenbrillen hin und her spazieren. Dennoch blickt man ab und zu vorbei an dem Touristenkorsett und bekommt eine Ahnung davon, wie es frueher ausgesehen haben koennte.
Losgeloest von solchen Ueberlegungen besticht die Stadt, in einem Tal auf 3.400 m Hoehe gelegen, durch hochsommerliche Temperaturen und strahlend blauen Himmel - Tag fuer Tag (zumindest waehrend der Trockenzeit). Nachts wird es jedoch bitterkalt, sodass Cusco wohl eine der wenigen Staedte ist, in der man einen Sonnenbrand und eine Erkaeltung an ein und demselben Tag kriegen kann.
Wir blieben drei Tage in Cusco. Hoehepunkt unseres Aufenthalts war sicherlich die Wanderung zu den Ruinen der Festung Saqsaywamán, die einst als Bollwerk gegen Eindringlinge ueber der Stadt errichtet wurde. Auch hier zeigte sich wieder der schizophrene Charakter Cuscos: wenige Meter von den Mauerresten entfernt thront eine zehn Meter hohe, aus weissem Stein gefertigte und nachts hell beleuchtete Jesus-Statue ueber der Stadt.
Waehrend dem Aufstieg erlebte die K. derweil ein Highlight persoenlicher Art: zwei 19-jaehrige Maedchen aus Germany wollten sich unbedingt mit ihr fotographieren lassen, da sie ihr eine sehr grosse Aehnlichkeit mit der Schauspielerin Kirsten Steward attestierten (die alle nach 1990 Geborenen als Heldin der Twillight-Saga kennen). Das ist der K. nicht zum ersten Mal passiert, aber zum ersten Mal im Ausland und zum ersten Mal mit Photo-Anfrage.
Dienstag, 10. August 2010
Cusco - eine Polemik
Spazieren Sie durch mit Inkasteinen gepflasterte Gassen und staunen Sie zusammen mit Dutzenden anderen Touristen ueber die Wollmuetzen verkaufenden Einheimischen am Strassenrand, die sogar Englisch sprechen. Versaeumen Sie nicht, ein Photo mit den eigens dafuer aus der Schule ausgeschiedenen, trachtentragenden Kindern mit Lama-Baby auf dem Arm zu machen. Nur ein Dollar!
Speisen Sie ueber europaeischem Preisniveau in Restaurants, an deren Tuer eine schick dekorierte Speisekarte prunkt - auch in deutscher Sprache! Vermissen Sie keine Sekunde lang das Essen aus der Heimat und kaufen Sie im Supermarkt direkt am Plaza de Armas ein. Fuenf Scheiben Schwarzbrot fuer nur fuenf Euro!
Kaufen Sie eines der mit 50$ spottbiligen Touristen-Kombitickets und freuen Sie sich auf auf einen pausenlosen Museen- und Ruinen-Marathon, waehrend dem Sie sich ganz bestimmt auf all die Details zwischen den Panoramaphotos einlassen koennen.
Fahren Sie im klimatisierten Touristenbus ins Heilige Tal der Inkas und schiessen Sie mit Ihrer nagelneuen Spiegelreflex-Kamera bunte Bilder vom Markt in Pisac. Aergern Sie sich nicht, wenn Sie es nicht hinbekommen, ein Photo zu machen, auf dem kein anderer Tourist ist. Dafuer koennen Sie hier auf Englisch feilschen!
Erleben Sie waehrend Ihres Aufenthalts den ganzen Zauber Perus, der mindestens so authentisch ist, wie das Leben der Schaufensterpuppen zuhause. Fliegen Sie schliesslich in die Heimat und erzaehlen Sie allen, Sie waren in Peru und Sie haben alles gesehen; das Leben, die Menschen und Machu Picchu.
Donnerstag, 5. August 2010
Ayacucho und die Vergangenheit
2.) Nicht unweit der Wari-Ruinen, am Rande des kleinen Doerfchens Quinua, wurde ein weiteres Stueck peruanischer Geschichte geschrieben: auf einem Huegelkamm, der das Tal von Ayacucho ueberblickt, besiegten im Jahr 1824 5.000 Peruaner 8.000 Royalisten und besiegelten damit die Unabhaengigkeit Perus vom spanischen Imperium. Heute erinnert ein 40 Meter hoher Obelisk an die ins peruanische Nationalgedaechtnis eingegangene Schlacht. Auch beim Gang ueber das ehemalige Schlachtfeld, auf dem heute vertrocknetes Gras vom Wind durchstreift wird und Kinder Drachen steigen lassen, konnte ich mir regelrecht ausmalen, wie auf diesem abgeschiedenen Flecken Erde einst gelitten und getoetet wurde.